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Das Thema Nachhaltigkeit als Impulsgeber und Treiber für Resilienz hat sein Potential noch lange nicht ausgeschöpft

Ein allgemeines Verständnis zum Kerngedanken von Resilienz setze ich als geläufig voraus. Ebenso die Hebel, um die Resilienz eines  Unternehmens zu stärken. Für einen Überblick dazu siehe Chat GPT oder perplexity.

Jedoch sei ein erster Hinweis gestattet - wir sollten in der Diskussion  sorgfältig unterscheiden:

  • Personale Resilienz: 
    • Siehe hierzu auch die future skills der gleichnamigen Stiftung und diverse psychologische Studien.
  • Organisationale Resilienz: 
    • Siehe hierzu das Konzept der atmenden Organisation.
    • Oder auch die Arbeiten von Peter Senge zur lernenden Organisation.

 Der zweite Hinweis bezieht sich darauf, dass das Konzept-Gebäude der Resilienz und deren Hebel unter dem Aspekt von Digitalisierung und KI (Kommunikationstechnologien!) nachgeschärft werden müssen - das ist ein kontinuierlicher Prozess. Dabei bleiben die Überschriften, aber die Subtexte werden neu ausbuchstabiert.

Nun zur Nachhaltigkeit und der aktuellen Diskussion, zu der mir folgendes auffällt:

  • Das big picture und die übergeordnete story line ist zu wenig im Blick. Es geht eben nicht nur um Umwelt und Klimaschutz. Aus geopolitischen und geostrategischen Überlegungen geht es eben auch um die (Weiter-) Entwicklung von Geschäftsmodellen - durch:
    • Decarbonisierung der Wirtschaft.
    • Aufbau einer Kreislaufwirtschaft.
  • Stattdessen wird die aktuelle Diskussion von 2 Aspekten dominiert:
    • Die Regulatorik mit dem Berichtswesen und dem bürokratischen Aufwand (CO2 Bilanzierung).
    • Technik, technologische Ansätze mit Blick auf Energie - und Ressourcen Management.
    • Und etwas weniger prominent, weil noch komplexer: der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft.

 

Was ich an der aktuellen Diskussion problematisch finde:

  • Die Dimension Umwelt/ Environment wird isoliert und für sich stehend betrachtet: als ob die anderen Dimensionen S und G damit nichts zu tun hätten. 
  • Die soziale Dimension bleibt unter dem Radar und wird nur auf dem Kanal der Beiläufigkeit benannt; nur als Überschrift, in der aktuellen Diskussion nicht ausbuchstabiert und nicht auf die Tagesordnung gesetzt, obwohl wir immer und gerne in einem Atemzug von E-S-G sprechen.
  • Die soziale Nachhaltigkeit wird entsprechend schon gar nicht in der Wechselwirkung mit E und G  reflektiert. Dabei sprechen wie schon weit den 50ziger Jahren von Soziotechnischen Systemen (STS). Falls dieses Konzept nicht geläuftig sein sollte: für eine erste Erläuterung siehe Wiki).
  • Auch die potentiellen Zielkonflikte zwischen E-S-G werden nicht aufgegriffen. 
  • Und von einer Kosten-Nutzenbilanz und dass sich Nachhaltigkeit für das Unternehmen am Ende auch lohnen muss, wird auch zu wenig geredet: der business case wird zu wenig thematisiert.
  • Die Herausforderung für Unternehmen, Transformationsleistungen mit Blick auf die "Mühen der Ebene" zu erbringen, wird in der aktuellen Diskussion ebenfalls kaum thematisiert (Transformations- und Change-Management).

Dabei sind die Dimension, die zu - S - gehören schon gut im DNK benannt. Und: diese Dimensionen sind auch keine Geheimwissenschaft. Jede auch strategisch aufgestellte HR (im Gegensatz zu einer rein personalverwaltungstechnisch aufgestellte HR) kann dies für ihr Unternehmen ausbuchstabieren und im besten Fall für einen Nachhaltigkeitsbericht mit Daten hinterlegen. Dabei ist zentraler Dreh- und Ankerpunkt für diese überwiegend strategische HR Arbeit die für das Unternehmen relevanten future skills. Folgende strategischen Aspekte werden von HR adressiert, die durch eine gute Personalverwaltungstechnik abgesichert sein muss:

  • Change-Management (auch als Strategiearbeit verstanden - und das ist mehr als Informations- und Beteiligungsmanagement).
  • Recruiting und Trennungsmanagement.
  • Retention Management
  • Talentmanagement. 
  • Qualifikation. 
  • Diversity Management. 
  • Equal pay.
  • Gesundheitsmanagement (BGM, BGF, Gefährdungsburteilungen).
  • ...

Und nochmals: das hierfür eine funktionale Personalverwaltung / HR-Admin mit digital unterstützen HR Prozessen und einem HR Dashboard eine notwendige Voraussetzung sind, versteht sich von selbst.

Übrigens: viele der hier aufgeführten Punkte werden sowohl unter NEW WORK als auch unter Resilienz-Management aufgerufen. Es scheint so, dass wir am Ende unter unterschiedlichen Überschriften doch immer Ähnliches diskutieren - oder? Zumindest die Überschriften ähneln sich. Bei näherer Betrachtung werden sich die Subtexte wohl unterscheiden - genau diese gilt es herauszuarbeiten. Unnd ist wichtig für die Anschlussfähigkeit der Themen in den Unternehmen.

Und nun?

  • Das Management könnte mehr als bisher das Thema Nachhaltigkeit mit den Dimensionen E-S-G als Impuls und Rückenwind für die  Resilienz des Unternehmens verstehen und strategisch nutzen.
  • Die Nachhaltigkeitsbeauftragten dürfen nicht nachlassen, für den ganzheitlichen Blick auf E-S-G zu werben und entsprechend penetrant zu sein. Dazu gehört auch ein strategisches Stakeholdermanagement.
  • HR/ people & culture könnte das S aus E-S-G als Rückenwind für ihren spezifischen Beitrag zur Entwicklung der Resilienz ausbuchstabieren und nutzen - und ihr Produktportfolio im Spannungsfeld von Zuschreibung und Selbstverständnis im Sinne der Selbstvergewisserung nachschärfen.
  • Betriebs - und Personalräte sollten Nachhaltigkeit und insbesondere die soziale Nachhaltigkeit als Rückenwind für ihre originären Themen begreifen, dazu ihr Wort machen und ihren Einfluss nutzen. 

 

Nochmals zu HR: was nützt es HR sich mit diesen beiden Themen zu beschäftigen?

  • Selbstvergewisserung im Spannungsfeld von Zuschreibug und Selbstverständnis zum eigenen Beitrag für die Entwicklung des Unternehmens - gerade mit Blick auf Resilienz und der Organisation als Sozio-Technologisches System. 
  • Das eigene Produktportfolio nachschärfen, ausrichten und in den Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeitsmanagement stellen.
  • Vermarktung nach innen und nach außen = die HR Themen noch besser als bisher im Unternehmen adressieren.
  • Gemeinsam mit Betriebs -und Personalräten sowie den Nachhaltigkeits-Beauftragten ein konsequentes Stakeholdermanagement betreiben.

 

 Eine Schlussbemerkung sei doch noch erlaubt und besonders betont:

  • Am Ende ist es doch so: wir als Sozialwissenschaftler:innen diskutieren unter unterschiedlichen Überschriften und für unterschiedliche Zielgruppen aufbereitet im Kern immer ganz ähnliche Überschriften - auch wenn die Subtexte insbesondere durch die Digitalisierung anders klingen. 
  • Und nicht erst seit heute: schon seit den 50ziger Jahren diskutieren wir Soziotechnische Systeme in Anlehnung an das Tavistock-Modell. Und ich denke auch an die "Lernende Organisation" von Peter Senge. Oder auch an das Modell von Ruth Cohn: das TZI Modell - die Themenzentrierte Interaktion. Oder an das Modell von Roswita Königswieser: die Wechselwirkungen von Strategie / Struktur/ Kultur. Oder die vielen Beiträge, die die systemische Psychologie und Soziologe zum Thema Organisationsentwicklung erarbeitet hat - siehe dazu z.B. Arbeiten von Stefan Kühl. 
  • Will sagen: wir können auf über Jahre aufgebautes know how zurückgreifen und darauf aufbauen.
  • Das kann ja auch helfen, die Komplexität des Themas etwas handhabbarer zu machen und etwas mehr Gelassenheit in die Diskussion vor Ort einzubringen.