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Nachlese zu unserer Veranstaltung am 16.04.2025 mit dem Thema: KMU auf dem Weg zur Resilienz - der Nachhaltigkeitsbericht als "Game Changer"?

Die Veranstaltung am 16.04.2025 zum obigen Thema war bereits in der Vorbereitung sehr inspirierend - und die Beiträge mit den Diskussionen in der Veranstaltung selbst dann erst recht. Das haben wir für uns selbst dann nochmals verarbeitet - im Format einer "Nachlese". Diese Nachlese geht im wesentlichen auf Dr. Jürgen Daub (Uni Siegen / MDZ Ländliche Region) zurück - ist am Ende durch mannigfaltige Diskussionen und Ergänzungen zwischen uns beiden dann aber auch ein gemeinsames Werk geworden.

Der Einfachheit halber: hier der komplette Text. Möge er auch für die geneigte Leserschaft genauso inspirierend und motiviernd sein wie für uns!

 KMU auf dem Weg zur Resilienz- Der Nachhaltigkeitsbericht als „Game Changer“?

Eine Nachlese zum Workshop des NachhaltigkeitsLABs

Resilienz und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten einer Medaille – so kann man kurz und knapp ein Resümee zum Workshop des NachhaltigkeitsLABs im Rahmen des Mittelstand Digital Zentrum – Ländliche Regionen  zusammenfassen. Das Thema des Online-Workshops, KMU auf dem Weg zur Resilienz- Der Nachhaltigkeitsbericht als „Game Changer“?, war unter anderem dazu gedacht, die Themenbereiche Unternehmens-Resilienz und die Anfertigung eines Nachhaltigkeitsbericht zusammen zu bringen. Eine sicherlich ungewöhnliche Perspektive, doch wir finden sie nur allzu logisch. Angesichts der strategischen Optionen, welche ein Nachhaltigkeitsbericht für Unternehmen und insbesondere KMU bietet, gehören beide Themenbereich aus unserer Sicht eng zusammen. Insbesondere die digitale Option, welche die Nutzung der DNK-Plattform zum Erstellen eines Nachhaltigkeitsberichts bietet, ermöglicht eine vereinfachte Lösung der Berichterstellung. Dies kann gerade KMU von der allseits diskutierten Überfrachtung mit Bürokratie befreien. Es ist für Unternehmen unter Zuhilfenahme des digitalen DNK-Tools relativ einfach, einen umfassenden digital gestützten Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, wie uns Johanna Grimm darlegte. Dieser Bericht wird von der DNK Agentur auf inhaltliche Vollständigkeit und Übereinstimmung überprüft und kann anschließend von den KMU zur Verifizierung durch Steuerberater o. ä. weitergegeben werden.

Zentraler Aspekt und Kernelement des DNK-Tools ist nach wie vor die sogenannte Doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Sie gründet sich auf die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) im Rahmen der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Die Bewertung von Nachhaltigkeitsthemen findet auf der Grundlage ihrer Auswirkungen und Risiko-/Chancenperspektiven sogenannten IRO‘s (Impacts, Risks and Opportunities) statt. In der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse werden nicht-finanzielle Wesentlichkeiten (Inside-Out) mit finanziellen Wesentlichkeiten (Outside-In) der Unternehmenstätigkeiten verknüpft. Ziel ist es zu erfassen, ob finanzielle und nicht-finanzielle Auswirkungen die Geschäftstätigkeiten berühren, beziehungsweise von ihnen hervorgerufen werden.

Bild: phiyond by adelphi:  Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse betrachtet sowohl die Outside-In-Perspektive als auch die Inside-Out-Perspektive. (Im Innternet abrufbar).

Auf der Grundlage der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse ist es möglich, die für das Unternehmen bedeutenden IROs entlang der Wertschöpfungskette zu identifizieren, sie zu klassifizieren und zeitlich sowie inhaltlich einzuordnen. Nach der Definition der Wesentlichkeitsgrenzen werden die IROs hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit sowie finanzieller und zeitlicher Folgewirkungen quantifiziert und bewertet. Abschließend erfolgt eine Einordnung der Ergebnisse mit Stakeholdern und Experten. Das Instrument, welches eine Unternehmensführung mit der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse an die Hand gegebenen wird, sind qualitativ und quantitativ deutlich erweiterte Fakten zu einem Lagebericht und gehen weit über eine KPI-Analyse hinaus. Ein zukunftsorientiertes Management eines Unternehmens wird somit deutlich erleichtert und auf eine solide Basis gestellt. Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes auf dieser Grundlage ist nicht ein unnötiger zusätzlicher bürokratischer Aufwand, wie man derzeit allerorten hört, sondern eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zur Unternehmensführung in einer „PUMO-World“ (Polarized, Unthinkable, Metamorphic und Overheated).

Durch die allgemeine „Anti-Bürokratisierungswelle“, die allerorten zu beobachten ist, ist die EU-Kommission aber zu dem Entschluss gekommen, die allgemeinen Berichtspflichten nochmals zu überarbeiten. Eine sogenannte „Omnibus“-Lösung soll die Berichtspflichten zur CSRD, der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), der Taxonomie-Verordnung und auch der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) bündeln. Zielsetzung der EU-Kommission ist es, den Übergang zu den Regelungen mit einer gleichzeitigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu gestalten. Konkret bedeutet dies eine Verschiebung der Berichtspflichten und eine Veränderung im Umfang. In dem sogenannten „Stop-the-Clock“ Verfahren wird vorgesehen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive - „CSRD“, sowie die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen der sog. „zweiten Welle“ (Berichtspflicht gem. CSRD für am oder nach dem 01.01.2025 beginnende Geschäftsjahre) und der sog. „dritten Welle“ (Berichtspflicht gem. CSRD für am oder nach dem 01.01.2026 beginnende Geschäftsjahre) um jeweils zwei Jahre zu verschieben. Darüber hinaus soll der freiwillige VSME-Standard als Grundlage für einen neuen freiwilligen Berichtsstandard dienen. Nicht berichtspflichtige KMU in Lieferketten sollen damit einfacher die von den berichtspflichten Unternehmen geforderten Informationen erfassen können. Der VSME Standard wird allerdings voraussichtlich erst Mitte/Ende 2025 auf EU-Ebene zur Verfügung stehen und dann noch durch die EU-Länder ratifiziert werden müssen.

Strategisches Verständnis von Nachhaltigkeit und nicht nur als Erfüllung von Reportingpflichten, bietet KMU einen signifikanten Vorteil im Wettbewerb am Markt. Je mehr ich über mein Unternehmen weiß und je mehr ich etwaige „Outside-In“ Faktoren bewerten kann, desto sicherer wird meine Geschäftsgrundlage. Dies haben u. a. auch die Handwerkskammer Dortmund zum Anlass genommen, sich im Handwerk auf genau diese Aspekte zu fokussieren, wie uns der Handwerksberater Daniel Kleineicken berichtete. Nachhaltigkeit im Handwerk heißt: Verantwortung für gesunde Menschen, Verantwortung für sparsamen Ressourceneinsatz und Verantwortung für Betriebsfrieden und Gerechtigkeit. Dies sind die primären Ziele, welche in dem 360°-Nachhaltigkeitscheck für Handwerksbetriebe der HWK Dortmund im Fokus stehen. Handwerksbetriebe sollten den Nachhaltigkeitscheck durchführen, damit sie zum einen eine solide Basis für die eigene Weiterentwicklung haben (strategische Optionen) und zugleich den Anforderungen des Marktes (Lieferkette, Banken) gewachsen sind. Es geht darum, digital unterstützt, die Datennachfrage von Kreditgebern und Investoren zu befriedigen und zugleich den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, wie auch den Datenbedarf großer Unternehmen in der Lieferkette zu decken.

Aus der HEX Hochschule für Exzellenz in der Schweiz stellte uns Prof. Dr. Hartmut Kainer neueste Studienergebnisse vor, die ein differenziertes Bild über die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit in Unternehmen vermittelt. Eine zentrale Aussage aus der Studie der HEX war, dass viele Nachhaltigkeitsbeauftragte gegen Windmühlen anrennen. Nachhaltigkeit wird also immer noch nicht als sinnvoller und zukunftsorientierte Managementfaktor gesehen. Unter anderem taucht dann immer wieder die Behauptung auf, dass Nachhaltigkeit unverhältnismäßig viel neue „Datensammlerei“ bedeutet. Prof. Hartmut Kainer wies allerdings darauf hin, das eine ganze Reihe von Daten schon im Unternehmen vorhanden sind. Viele Unternehmen haben und nutzen bereits Daten zur Steuerung aufgrund von DIN-ISO Normen, ERP-Systemen, HR-Systemen und ähnlichem schon heute. Alles das bietet eine große digitale Datenbasis, die für die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts genutzt werden können. Darüber hinaus fokussierte Prof. Kainer die Nutzung von KI für die Analyse der Daten und die Zusammenstellung von Auswertungen und eines Nachhaltigkeitsberichts. Hier sind noch jede Menge Optionen auch für KMU, die in naher Zukunft deutliche Verbesserungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Berichte darüber erwarten lassen. In diesem Zusammenhang wies auch Prof. Kainer nochmals darauf hin: „Wer Daten nutzt, gewinnt! (Wettbewerbsvorteil)“. Dem können wir uns aus Sicht des NachhaltigkeitsLABs nur anschließen. Wir bieten für alle Interessierten dahingehend Unterstützung an. Interessierte KMU können uns gerne ansprechen, wir werden gemeinsam einen möglichen Lösungsweg für sie entwerfen.

 

Unser Resümee: Digitalisierung, Resilienz, Soziale Nachhaltigkeit und der Nachhaltigkeitsbericht: Ein enger Zusammenhang für KMU

In der heutigen dynamischen Geschäftswelt stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor vielfältigen Herausforderungen, wie wirtschaftlichen Schwankungen, gesellschaftlichen Veränderungen oder globalen Krisen. Um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, ist die Entwicklung von Resilienz unerlässlich. Resiliente Unternehmen können Krisen bewältigen, sich anpassen und gestärkt daraus hervorgehen. Erfahrungen von Unternehmen, welche sich schon auf eine CSRD-Berichterstattung vorbereitet haben, zeigen, dass eine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Wesentlichkeitsanalyse – also die Identifikation relevanter Nachhaltigkeitsthemen und Risiken - wertvolle strategische Erkenntnisse liefern. Es muss dabei nicht in „Bürokratie“ ausarten, weil in vielen Unternehmen die geforderten Daten ohnehin schon vorhanden sind (DIN-ISO-Systeme, ERP usw.). Es kommt nur darauf an, diese intelligent digital zu verknüpfen und über Schnittstellen beispielsweise in das DNK-System einzuspeisen – auch das gehört zur neuen Digitalisierung von Unternehmen.

Der Beitrag sozialer Nachhaltigkeit zur Resilienz

Soziale Nachhaltigkeit bedeutet, dass ein Unternehmen Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden, Gemeinschaften und der Gesellschaft übernimmt. Das umfasst faire Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit, und soziale Gerechtigkeit. Und schließt die Aspekte Qualifikation (Beschäftigungs- und Arbeitsmarktfähigkeit der Mitarbeitenden), Gesundheit / Mental Health und Umgang mit Vielfalt ein und bildet sich in Führung und Teamarbeit ab. Unternehmen, die soziale Nachhaltigkeit aktiv fördern, schaffen ein stabiles, vertrauensvolles Umfeld. Das stärkt die Mitarbeitermotivation, fördert die Loyalität und baut stabile Beziehungen zu Stakeholdern auf. Diese soziale Ausrichtung wirkt sich direkt auf die Resilienz aus: Ein Unternehmen mit einer starken sozialen Basis ist widerstandsfähiger gegenüber Krisen, weil es auf einem Fundament aus Vertrauen und sozialer Gerechtigkeit steht. Es kann schneller auf Veränderungen reagieren und soziale Herausforderungen besser meistern.

Der Nachhaltigkeitsbericht als Instrument zur Stärkung von Resilienz und sozialer Nachhaltigkeit

Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts ist insbesondere für KMU ein wertvolles Werkzeug, um ihre Bemühungen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit transparent zu machen und systematisch zu dokumentieren. Durch den Bericht:

Reflektieren Unternehmen ihre sozialen Maßnahmen und identifizieren Verbesserungspotenziale.

Kommunizieren sie ihre Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden, Kunden und der Öffentlichkeit.

Stärken sie ihre Glaubwürdigkeit und bauen Vertrauen bei Stakeholdern auf.

Erkennen sie Risiken und Chancen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit, was die Resilienz des Unternehmens erhöht.

Der Prozess der Berichterstellung fördert zudem eine bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen nachhaltigen Praktiken und schafft eine klare Strategie, um soziale Herausforderungen aktiv anzugehen. Das wiederum trägt dazu bei, die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu sichern.

Resilienz, soziale Nachhaltigkeit und die systematische Dokumentation in einem Nachhaltigkeitsbericht sind eng miteinander verbunden. Für KMU bedeutet das: Indem sie soziale Nachhaltigkeit fördern und ihre Maßnahmen transparent machen, bauen sie eine widerstandsfähige Basis auf. Gleichzeitig stärkt eine resiliente Haltung die Fähigkeit, soziale Herausforderungen zu meistern und nachhaltiges Wachstum zu sichern.

Kurz gesagt: Ein Nachhaltigkeitsbericht ist nicht nur eine Pflicht für Unternehmen, sondern ein erstklassiges strategisches Instrument, um Resilienz und soziale Nachhaltigkeit gezielt zu entwickeln und langfristig erfolgreich zu sein.

 

Dr. Jürgen Daub (Universität Siegen) / Hans-Joachim Freyberg (Freyberg Change Consult)